Der BlauDAU, der dümmste anzunehmende User, im Blaumann, alias Vera, macht Euch den Techniknarr und hat aus gegebenem Anlass neulich die alte aber wahre Geschichte rausgekramt:

Bei der Betrachtung von Bunkern gewahre man die Kriegsindustrie, schreibt Paul Virilio. Der französische Philosoph hat die Bunkeranlagen an der Atlantikküste untersucht. Wenn man die verstopften Belüftungsanlagen und den schmalen Schlitz des Beobachtungspostens betrachte, „dann schaut man in einen Spiegel und gewahrt das Spiegelbild unserer eigenen Todesmacht, unserer eigenen Destruktivität. Der von den Nazis erbaute sogenannte „Atlantikwall“ besteht aus militärischen Bunkern. Sie sollen Stellungen festigen und Angriffe erschweren.

Zivile Bunker wie der 1944 in Hamburg-Altona, in der Schomburgstraße, gebaute, sollen die Bevölkerung schützen, vor Luftangriffen, vor der direkten Einwirkung von Waffen und Gefahrstoffen. Solche Luftschutzbunker wurden im Reich der Nazis (inklusive Danzig und Königsberg) in Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs seit den 1930er-Jahren errichtet, ab 1940 unter der Leitung von Hermann Göring. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe ließ in Hamburg im Zweiten Weltkrieg mehr Bunker errichten als in jeder anderen Stadt. Herr Hitler hatte Großes vor an der Elbe, für seine geplanten Prachtbauten haben sich in der Großziegelei in Neuengamme Kriegsgefangene aus Russland, Polen, Frankreich und anderen überfallenen Nachbarländern zu Tode gearbeitet.

Der Bunker in der Schomburgstraße, die damals völlig anders aussah, denn die ursprüngliche Gestalt von Altonas Altstadt hat der von den Nazis angezettelte Weltkrieg nahezu vollständig vom Stadtplan gewischt, rettete bei Luftangriffen vielen Hamburger*innen das Leben. Andere starben vor der sogenannten Quengeltür.

Über die Kriegszeit in Altona-Altstadt wüsste er nur wenig, erzählte der BlauDAU vor ein paar Jahren bei einer Bunkerführung. Da trat Jürgen auf den Plan: Er sei als Kind in diesem Bunker fast gestorben, berichtete der 81-Jährige. Er hat in der Schomburgstraße gewohnt und erzählte seinen schweigend lauschenden Zuhörern im „Rettungsraum“ des Bunkers von der Nacht, als er sechs Jahre alt war. Seine Mutter hatte ihn wieder einmal aus dem Bett geholt, in dem er immer vollständig angezogen schlief. In großer Angst – vor allem weil die Bombardierungen immer effektiver geworden waren und damit die Zeitspanne zwischen Vor- und Hauptalarm immer kürzer wurde – zerrte seine Mutter ihn durch die dunklen Straßen von Altona-Altstadt, in denen schon so viele Nachbarn gestorben waren. Jürgen erzählte uns von der benachbarten Unzerstraße: Man habe die Große Bergstraße bombardiert und die Schomburgstraße, so dass die Menschen aus der Unzerstraße nicht mehr herauskamen. Seine Beine seien ständig aufgeschürft gewesen, weil seine Mutter ihn über die Trümmer riss. „Und dann warfen sie Luftminen“, sagte er und schaute in überwiegend ahnungslose Gesichter.

(Der BlauDAU guckt später nach: „Eine Luftmine (manchmal auch als Minenbombe, Blockbuster oder Wohnblockknacker bezeichnet) ist eine große, schwerere Sprengbombe, die vor allem im Luftkrieg während des Zweiten Weltkriegs von Flugzeugen abgeworfen wurde.“ Luftminen wurden damals gegen Städte sowohl von den deutschen als auch von den britischen und US-amerikanischen Luftstreitkräften eingesetzt. Sie detonierten nicht – wie es der Name vermuten ließe – in der Luft, sie deckten die Dächer im Umkreis von mehreren hundert Metern ab. Aus diesem Grund wurden Luftminen auch eingesetzt, um Brandbomben einen guten Zugang zu leicht brennbaren Dachböden und -stühlen zu ermöglichen und so Großbrände zu entfachen.)

Der Bunker in der Schomburgstraße hat in jener Nacht gewackelt, aber gehalten. Jürgen berichtet, unter den Menschen im Inneren sei Panik ausgebrochen, er sei zeitweilig von seiner Mutter getrennt gewesen. Durch die enorme Druckwelle habe sich der Bunker sozusagen „verzogen“ und die Farbe hat sich von den Wänden gelöst. Dann kam der Kalte Krieg, natürlich nicht von selbst, das hört sich nur so an. Die Westmächte unter Führung der USA trugen ihn mit dem sogenannten Ostblock unter Führung der Sowjetunion von 1947 bis 1989 mit verschiedenen Medien und Mitteln aus. Der Aufheizung dieses Krieges per Propaganda (ungefähr so wie heute, nur noch nicht durch digitale Demagogie geboostert), der Einbindung der Bundesrepublik in das westliche Bündnis und der damit verbundenen Wiederbewaffnung (vor der meine durch zwei Kriege erfahrene Großmutter ausdrücklich warnte und mich gegen jede Art von Aufrüstung auf den Ostermarsch jagte) folgte der Aufbau eines neuen Zivilschutzes und damit eine erneute Nutzung der Bunkeranlagen. Dabei entsprachen die „Richtlinien für Schutzraumbauten“ vom 27. Juli 1955 weitgehend denen des „Führer-Sofortprogramms“ von 1940. Das sogenannte „Schutzbaugesetz“ vom November 1962 forderte schließlich die Umstellung bestehender Luftschutzanlagen auf die Erfordernisse eines etwaigen Atomkrieges. In den 1970er-Jahren wurde daher der Hochbunker in der Schomburgstraße als Luftschutzbunker, als ABC-Bunker (scheinbarer Schutz gegen atomare, biologische und chemische Waffen) aufgerüstet.

Altonas Allmende
Jürgen freut sich, als er mit einer „Bezugsgruppe“ aus der Kreativen Bunkerführung vorm Betonklotz an der Feuertonne steht. Die Fantasie vom KulturEnergieBunker und die vielfältige Raumnahme drumherum sagt ihm sichtlich zu. Mit großem Interesse hört er sich an, dass aus diesen Ort, den er so ganz anders erlebt hat – nach dem Krieg war das Areal ideal für „Cowboy und Indianer“, die reine Wildnis – nun Garten, Wohnzimmer, Küche, Heizhaus und Experimentierfeld fürs Viertel wird.
„Palais Schomburg“ sagen die einen, die anderen erfinden die Allmende von Altona. Die Allmende ist ein Ort der Gemeinschaft, der Nachbarschaft, auf Neudeutsch heißt so etwas commons, aber Allmende passt besser zu Altona-Altstadt.
Schon ein Jahrzehnt, bevor die ersten Bands im werdenden Kulturbunker proben, hat es angefangen mit dem Gemeinwohl auf offener Straße. Die Gründerinnen des Vereins KEBAP e.V. errichteten die kunterbunte „Villa“ mit dem Lehmbackofen, erbauten Hochbeete und gestalteten die kollaborative Raumnahme in der Schomburgstraße zum Wohlgefallen der Nachbar*innen. Und die Kultur Energie Genossenschaft Altona (KEGA) eG stellt sich unter anderem der Frage, „wie wir … die menschliche Gesellschaft verändern und weiterentwickeln können“. Voraussetzung hierfür ist auch ein Raum, der konstruktive Zusammenarbeit und verantwortliches Engagement unterstützt. Ein Raum für Palaver an der Feuertonne, ein Raum der Ideenbildung.
Macht mit, wenn wir das Gelände vor Ort immer wieder umgestalten. Gerade jetzt können wir (mittwochs ab 16, donnerstags ab 14, freitags ab 16 und samstags ab 14 Uhr) jede Menge kreative Hände gebrauchen und tatkräftigen Zustrom zu unserer handwerklich und technisch tätigen Arbeitsgruppe VorOrtSupport gebrauchen. Oder gebt euch auf Altonas neuer Allmende der arbeitsfreien analogen Muße hin, die schon in alten Zeiten als Auslöser für gesellschaftlichen Wandel gefürchtet wurde.

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