
Mehr geben als nehmen und viel aus dem Vorhandenen machen
Der Begriff stammt vom Englischen: „permanent culture“. Das Wort wurde aus den Begriffen permanent (= dauerhaft) und (agri)culture (= Landwirtschaft) zusammengesetzt, verkürzt und ins Deutsche übernommen. Es steht für nachhaltige Lebensweise und Landnutzung, ökologische Anbauprinzipien, natürlichen Land- und Gartenbau. Das Konzept wurde als Alternative zur industriellen Landwirtschaft und zur Konsumgesellschaft entwickelt und basiert darauf, natürliche Ökosysteme und Kreisläufe in der Natur (siehe Oktober: „Kreisläufe schließen“) genau zu beobachten und nachzuahmen. Permakultur hat sich seit den ersten Ansätzen in den 1970er-Jahren weltweit auch zu einer Lebensphilosophie entwickelt und beruht heute auf:
-
Vielfalt statt Einfalt: Mischkultur (gleichzeitiger Anbau mehrerer Kulturpflanzen auf einer Nutzfläche, auch Polykultur genannt) statt Monokultur
-
Kooperation statt Konkurrenz: natürliche Fraßfeindbekämpfung statt Einsatz von Chemikalien
-
Langfristig statt kurzfristig
-
Optimieren statt Maximieren
-
Einsatz von altem Wissen
-
tiefem Verständnis im Hinblick auf natürliche Kreisläufe, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit
-
einer ethischen Grundhaltung von Respekt und Achtsamkeit gegenüber allen Lebewesen der gesamten Natur
-
bewusst genießen statt konsumieren
Die Permakultur ahmt bei der Gestaltung Muster und Elemente von natürlichen Ökosystemen nach. Es geht laut „Permakultur für Einsteiger“ von Andrew Mikolajski vor allem um die Pflege und den Erhalt der Umwelt, das Vermeiden von Abfall und darum, „aus den vorhandenen Ressourcen möglichst viel zu machen“. So können sich Einzelne und Gemeinschaften mit wenig Ressourcen-, Platz- und Zeitaufwand und viel Verständnis für natürliche Kreisläufe weitgehend selbst versorgen. Während die Agrarindustrie weiterhin vielerorts auf fossile Brennstoffe, mineralischen Dünger und aggressive Schädlingsbekämpfung setzt (siehe: Agrarwende und Pestizide), erkunden Permakultur-Anhänger erstmal die Natur direkt vor ihrer Nase, deren Abläufe feinsinnig aufeinander abgestimmt sind. Es geht ihnen darum, Fruchtbarkeit und Vielfalt auf lange Sicht zu erhöhen; für eine langfristige Nutzung zu wirtschaften; Boden, Wasser und alle anderen lebenserhaltenden Güter zu bewahren, denn permakulturell Denkende sehen sich verpflichtet, nachfolgenden Generationen den größtmöglichen Gestaltungsspielraum zu hinterlassen.

Marie-Thereses hat im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh erlebt, dass Permakultur „Pflichtfach“ in der Schule ist. Zum ökologischen Großprojekt der in den 1970er-Jahren gegründeten NGO Deccan Development Society gehört eine alternative Schule für benachteiligte („kastenlose“) Kinder, die Pacha Saale, was auf Deutsch etwa „Grüne Schule“ bedeutet. Der Unterricht beinhaltet neben Permakultur auch die praktische Arbeit mit der Saatenbank (siehe Zum Nachdenken: Saatgut).

Wie die weltweit wachsende Zahl der Permakultur-Gemeinschaften mit ihren Garten-, Landwirtschafts-, Forst- und Bauprojekten …
… streben auch wir im KEBAP-Garten nach Vielfalt: Sortenvielfalt bei Beeren, Gemüse, Kräutern; Artenvielfalt beim Wildwuchs in Hamburg-Altona; gestalterische Vielfalt im heutigen Bunkergarten und dem künftigen Stadtteilgarten auf dem Dach und im Park;
… haben wir ganz klein angefangen, mit einer Handvoll bunter Palletten-Hochbeete; im kleineren Rahmen lassen sich Ideen schneller umsetzen und Misserfolge sind nicht so schlimm;
… behalten wir auch die wilden Bereiche um den Bunker im Auge und bekommen dadurch immer mehr Gespür dafür, was in Altona-Altstadt gut wächst und wie wir unseren Urban Garden am besten pflegen und gestalten;
… setzen wir, um unseren Stadtteilgarten mit dem geringst möglichen Energieaufwand lange produktiv zu halten, auf Strategien, mit denen wir ihn weitgehend sich selbst überlassen können und nutzen kooperative Strukturen, wie etwa eine biologische Schädlingsregulation;
… entdecken wir, dass die Elemente im Hochbeet-Garten und am Rande des angrenzenden Walter-Möller-Parks mehr als einen Nutzen haben: Wir ernten Holunderbeeren und Hagebutten – diese dienen auch anderen Lebewesen als Nahrung -; die Sträucher und Bäume bieten ihnen Lebensraum und uns Schutz an der Feuertonne; ein kleiner Waldgarten könnte hier wachsen;
… werden wir zusammen mit unserem Gemeinschaftsgarten immer widerstandsfähiger und resilienter (als Resilienz bezeichnet man die Fähigkeit eines Ökosystems, nach einer Störung zum Ausgangszustand zurückzukehren), denn der funktioniert auch, wenn mal was ausfällt;
… sammeln wir vor Ort täglich Müll und erfahren so, wieviel in unserer Konsumgesellschaft weggeworfen wird; reduzieren unseren eigenen Müll kontinuierlich; verwenden vieles mehrfach, nutzen Materialien, statt sie zu „entsorgen“; kompostieren so viel wie möglich und verwerten Reste; kaufen möglichst wenig Neues;
… speichern und nutzen wir Regenwasser und Sonnenenergie und verbessern kontinuierlich die Bodenfruchtbarkeit.
Und unsere Kräuterspirale zeigt, dass komplexes Permakultur-Denken nicht kompliziert sein muss, solange das System klein bleibt. Sie ist ein Beispiel für intelligent genutzte Kleinräumigkeit. Durch die Nutzung verschiedener Dimensionen und Ebenen mit unterschiedlichem Bodenprofil bleibt die benötigte Anbaufläche so klein wie möglich: eine hilfreiche und dufte(nde) Lösung mitten in der Stadt.
