Im Rahmen unseres Programms “Eine Klimaküche für Altona” stellen wir seit dem letztem Jahr für euch Geschichten aus dem Garten und saisonale Rezepte zusammen. Diesmal:
Der September im KEBAPgarten
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, die Erdbeeren auszudünnen, denn sie haben über das Jahr viele Ausläufer gebildet, die jetzt an neue Plätze setzen oder verschenken kann. Alle drei Jahre sollten die Erdbeeren auch komplett umgepflanzt werden, da der Boden dann „erdbeermüde“ ist.
Die Kartoffelernte kann auch beginnen, wenn die Kartoffeln aus den Blüten Früchte gebildet haben und das Kraut abstirbt.
Bei den Kartoffeln muss ich an vorletztes Jahr denken, als ein Mädchen aus der Nachbarschaft in unseren Garten kam. Sie brachte später auch ihre beiden kleinen Schwestern mit, und die drei haben bei der Kartoffelernte geholfen. Sie waren so begeistert, dass sie richtig geschuftet haben. Die drei waren in jenem Spätsommer aus unserem Garten gar nicht wegzukriegen. Wenn der Vater kam, um sie abzuholen,bettelten sie immer, noch etwas bleiben zu dürfen, bis es nicht mehr ging. Es sind auch noch weitere Kinder bei uns im Garten gewesen, kleine und größere, die größeren kamen oft ganz allein von sich aus und haben begeistert mitgeholfen. Auch Schulkinder aus einer Projektwoche waren da, und die Lehrerin berichtete danach, so entspannt wie nach unserem Garten hätten sie die Kinder noch nie erlebt. Viele der Kinder kamen zum ersten Mal überhaupt mit Erde in Kontakt. Und die meisten waren glücklich dabei. Da ist mir erst so richtig klar geworden, wie wichtig solche Projekte wie unseres in der Großstadt sind. Auch Erwachsene haben wir erlebt, wie sie sich freuten, bei uns den Kontakt zur Natur und zur Erde wieder herzustellen.
Jetzt werden auch die Hollerbeeren reif, die überall um den Garten herum wachsen. Roh darf man sie nicht verzehren, aber sie schmecken sehr gut als Marmelade, Saft oder Gelee, und wir machen jedes Jahr auch einen leckeren Hollerpunsch, den wir dann auf der Weihnachtsfeier trinken.
Auch die Saatguternte geht weiter: rote Melde, Kohl, Radieschen, Mangold und Kürbisse geben jetzt Samen her sowie die haushohen Sonnenblumen, die jetzt verblüht sind. Das Saatgut muss zu 100% trocken sein, wenn es abgefüllt und einsortiert wird.
Wir säen auch noch Postelein, Feldsalat und Spinat.
Für die Botanik-Fans: Der Holunderbusch
Holla, die Stadtfee! Der Hollerbusch galt einst als heilig und war Frau Holle geweiht. Ins Märchen „Frau Holle“ ist die Sagengestalt Perchta eingeflogen. Sie soll in den Rauhnächten um die Jahreswende unterwegs sein und durch die Lüfte fahren. Ihr Tag ist vornehmlich der 6.Januar. Es wird von Perchta alias Holle unter anderem berichtet, dass sie Kuchen, Blumen oder Obst schenkt, insbesondere Frauen und Mädchen hilft, ihnen „so manches gute Jahr“ wünscht und sie gesund macht, außerdem gilt sie als Herrscherin über die Schätze des Erdinnern. Ihr Sambucus nigra kommt an Knicks und Waldrändern vor und in älteren Zeiten kam kaum ein Hof ohne so einen schützenden Strauch beziehungsweise kleinen Baum aus. Schwarzen Holunder alias Holunderbusch alias Fliederbeerbusch gehört zu den Geißblattgewächsen wie der Schneeball und das rankende Wald-Geißblatt. Unserer gehört zu den Resten einer Art Gemeinweide, einer Hecke, in der auch zwei Apfelbäume stehen und wir hoffen, dass bei der Umgestaltung des Grünzuges noch mehr davon entsteht, weil das ja auch für Insekten und Vögel eine Wonne und wichtig ist. Holunderbeeren enthalten einen stark färbenden, tiefroten bis violetten Saft und waren schon in der Jungsteinzeit Nahrungsmittel. Und uns freut die essbare Wildnis, erfreuen die Beerengehölze am Fuße des Bunkers. Da es dort auch Schlehen und Apfelbäume gibt, für alle, haben wir den Verdacht, dass das ganze Areal seit langem eine Art Gemeinweide ist, Land in der Stadt, dass dem Gemeinwohl dient. So soll es ja auch weitergehen! Auch der Holundersaft dient dem allgemeinen Wohl, gilt als Hausmittel gegen Erkältung, Nieren- und Blasenleiden sowie zur Stärkung von Herz und Kreislauf. Die Früchte enthalten unter anderem 180 Milligramm Vitamin C pro Kilo, von dem auch nach dem Kochen etwas übrig bleibt, Vitamin B, Fruchtsäuren und ätherische Öle. Holundersaft soll einen entzündungshemmenden und dadurch schmerzlindernden und fiebersenkenden Effekt haben. Einige Studien bestätigten das alte Wissen, dass Holunder-Extrakte ein wirksames Mittel zur Behandlung der Grippe sind. Die ätherischen Öle wirken leicht schweißtreibend und schleimlösend. Auch die aus der volkstümlichen Überlieferung bekannte Verwendung von Holunder als Heilpflanze bei Diabetes mellitus wurde untersucht, dabei konnte eine insulinähnliche sowie die Sekretion von Insulin stimulierende Wirkung nachgewiesen werden. Und Polyphenole, die aus den Früchten des schwarzen Holunders gewonnen wurden, zeigten in einer Studie interessante zell- und gewebeschützende Effekte, die durch Diabetes entstandene Gefäßschden reduzieren konnten. Die farbgebenden Anthocyanide schützen als Antioxidans die Zellen vor Veränderungen durch freie Radikale und verlangsamen so den Alterungsprozess. Prost! „Ringel ringel reihe, sind wir Kinder dreie, sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!“. Das hatte was mit Verstecken vor den Erwachsenen zu tun. Heute sitzen wir unterm Hollerbusch und trinken Hollerpunsch. Und wenn wir so an der Feuertonne hocken, treten manchmal neue Gesprächspartner durchs dunkle Gebüsch, vor allem, wenn eine Geige oder Gitarre tönt. Manchmal schmieden wir Pläne, so lange die Glut heiß ist. Manchmal palavern wir auch über die großen, schweren Themen, das ist viel leichter im Kreise von aufmerksamen Zuhörern beim würzigen heißen Punsch. (siehe Rezept)
Zum Nachkochen: Holunderbeersaft
Holunderbeeren, auch Fliederbeeren genannt, sollte man nicht roh essen. Wir haben sie plaudernd mit der Gabel von den Dolden abgestreift und auf zwei Kilo Holunderbeeren einen halber Liter Wasser gegossen, das Ganze einmal aufgekocht und dann – stromlos! – durch die Flotte Lotte gedreht, den Saft abgemessen, auf einen Liter 400 Gramm Gelierzucker gegeben, den Saft mit dem Zucker verrührt, fünf Minuten kochen lassen, kochend heiß in Flaschen gefüllt und die gut verschlossen.
Das Projekt “Eine Klimaküche für Altona” wird im Rahmen des Förderprogramms “Kurze Wege für den Kliamschutz” der Nationalen Klimaschutzinitiative gefördert.