23 Held*innen und ihre Drachin oder EINE ODE

Leckeres Projekt! Wie kann ich mich denn hier jetzt einbringen?

Dienstag, 24. August:
Wir stehen verzückt und verwirrt vor den vielen kleinen Zeichen auf grau-beigem Grund. Sie bedeuten wohl Gutes. So kommt es uns vor. Von Anfang an aufbauend. Das mit der Projektion habe nicht so ganz geklappt, erzählt Fred Schäfer, Mitgründer des Offspace-Galerie „Affenfaust“ in St. Pauli, gleich um die Ecke. Sonntagnacht wollten 1010, ein Künstler aus den Reihen der Affenfaust Galerie und er, Held*innen Nummer eins und zwei, eigentlich dessen Entwurf für ein Mural, eine Wandmalerei, auf den werdenden KulturEnergieBunker werfen und übertragen. Schließlich ist nach einigem digital-muralem Hin und Her als Orientierung fürs „Malen nach Zahlen“, wie´s 1010 nennt, diese kleine vielversprechende Zeichenwandkarte entstanden.
Der Künstler schwebt mit Farbtopf und Pinsel über Kirstin, Held*in Nummer drei, im üppig wuchernden KEBAPGarden. Die Farben erinnern mich an die ersten wabernden Lightshows der 1970er, 1010 warnt: „Es kommt noch sehr viel Dunkel dazu!“ und Kirstin und ich besprechen unter der schaukelnden und piependen Gondel die nächsten Naturerlebnis-Nachhaltigkeits-Kunst-Workshops.

 

Mittwoch, 25. August:
Schon seit Montagabend sind wir Utopie-Camp, einer der hundert guten Orte, eine der überschaubaren Zusammenkünfte, in denen Zukünfte zur Welt kommen. Fred, „unser Fred“, wie wir ihn in diesen Tagen nennen, um Held*in Nummer vier nicht mit dem Fred von der „Affenfaust“ zu verwechseln, hat KEBAP wagemutig und vorausschauend zur Leuphana Utopie-Konferenz 2021 angemeldet unter dem Motto „Radikale Gastfreundschaft in Hamburg-Altona“. Die beweist er wie üblich auf offener Straße: Das alte Infomobil wird aufgeklappt, Tische und Bänke werden auf den Fußweg gestellt, Skizzen und Notizen mit Wäscheklammern an einer Leine aufgehängt. Am Mittwochvormittag unterhalten wir uns zu sechst darüber, wie Veränderung geht und sprudeln nur so von Ideen. Dörte geht aufs Motto ein und interpretiert die radikale Gastfreundschaft so: wir hören andere Stimmen, wir geraten in mehr oder weniger radikalen Austausch.
Und: auf die Dauer könnten wir manche Sachen nur zusammen machen, bräuchten eine neue Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. Gastfreundschaft bedeute Geben & Nehmen. Irgendwie kommen wir auf Kraftausdrücke, darauf, dass Veränderung auch Schlacke rauswerfen, Ballast loswerden, Lachen, Schreien und dann was Neues machen bedeutet und auch das Ändern von Spielregeln. Fred schlägt vor, Bedürfnisse und westliche Werte zu überdenken, nicht nur in „Feudalmilieus“ zu fantasieren.
Wir kommen zum „Raum erstreiten“, zum Teilen des Raumes, zum Shared Space, zur kollaborativen Raumnahme durch das KulturEnergieBunkerProjekt. Und dann wird es konkreter: „Neue Heizkultur, energetische Tankstelle“ liest Felix im Zuge der Nachbesprechung des Vortages vor.
Wir fantasieren einen utopischen Tag bei KEBAP und fangen Ergebnisse ein:
Der KulturEnergieBunker ist oder wird/bedeutet
• eine Energiequelle im konkreten und im übertragenen Sinne
• gleichzeitig ein Ort für kulturelle Begegnung und kreative Weiterentwicklung
• kollektive urbane Selbstversorgung
• ein Ort für solidarisches und freudvolles Miteinander – auch als Impulsgeber für weitere Projekte
• Gastfreundschaft, die ins Quartier ausstrahlt
• hierarchiefreie Gemeinschaft erfahrbar machen
• Raum, um zusammen etwas zu entwickeln

Und Held*in Nummer vier freut sich einmal mehr über erfolgreiche Selbstermächtigung, die auch dazu geführt hat, dass er – seit einem guten Jahrzehnt voller Leidenschaft und satzungsgemäß für den Verein unterwegs – erstmals und auf weiter Strecke allein, eine Veranstaltung auf die Beine gestellt hat. Und wie! Es ist super gelaufen, Fred, du bist ein markanter Moderator!
Aber Ralph, Held*in Nummer fünf, wollen wir auch nicht vergessen. Selten hat sich jemand so leise und intensiv, und dabei Hals über Kopf, in dieses selbst für Insider manchmal schwer durchschaubare Projekt gestürzt. Ralph hat Fred zur Seite gestanden, ebenso wie Bettina, Held*in Nummer sechs, die ihren IT-Hüterinnen-Support mit einem köstlichen Kuchen versüßt hat. Ralphs Lieblings-Utopie und Konferenzfazit lautet: „KEBAP bleibt ein leckeres Projekt“. Da simme dabei☺

Held*in Nummer drei, Kirstin, ihrer Zeichen innerlich weit gereiste Yogalehrerin und sinnesfreudige Ernährungsberaterin, schärft an diesem eher dunklen Nachmittag im Rahmen der vom Jugendumweltrat der Bürgerstiftung Hamburg geförderten August-Aktionen mit einer Meditationsübung unsere Sinne, Achtsamkeit kommt vor Nachhaltigkeit und Jultje, Held*in Nummer sieben, hat sogar im strömenden Regen Menschen inspiriert, sich mit allen Sinnen den Bunkerblüten zu widmen.

 

Donnerstag, 26. August:
Elke, neue KEGA-Genossin mit vielen schönen Qualitäten unter anderem einer sehr raren – sie hört zu – und Held*in Nummer acht Marcus, KEGA-Vorstand mit nahezu magischer Medienkompetenz, der mal eben eine Vernissage verschiebt und zum Leuchten bringt sowie Held*in Nummer neun, und ich beginnen den Donnerstag mit einem kräftigen „Guten Abend Hamburg!“ und bekommen ein Lob von NDR-Redakteurin Sabine Engel, weil wir es auf Anhieb zusammen und gleichzeitig rufen, das könnten sonst nur die Kinder. KEBAP bringt auch manchmal Einklang.

Ziemlich allein stehe ich an diesem Nachmittag im Garten, als von Ost und West Hilfe naht. Vom Osten nähern sich die Held*innen Nummer zehn und elf, Ilse und Marie-Theres, da öffnet sich die Bunkertür, Held*in Nummer zwölf tritt heraus und sagt: „Die Belüftung geht“. Die Bedeutung von Bernds Worten kann keine/r ermessen, die oder der nicht bei den zahlreichen Besichtigungen der 1970er-Belüftungsanlage made in Hamburg dabei war, deren fachkundig untermauertes Ergebnis jedesmal ein schlichtes „geht nicht“ war, und auch nicht den stark riechenden feuchten Mief heißer Sommer zwischen sehr dicken Mauern ohne Fenster geschnüffelt hat. Bernd, seiner Zeichen Musiker, einer von denen, die so liebend gern im Bunker spielen möchten, und Elektroniker mit zwanzigjähriger Erfahrung in Fehlersuchen, hat sich heimlich still und leise für zwei Tage in diesen Raum begeben, in dem eine ganz kleine Leuchte mit „Friedensluft“ beschriftet ist. Die leuchtet nun und wir hören einen herzerwärmenden Sound, es klackt, rummst, brummt und der alte Bunker atmet auf. Danke, Bernd!!!
Held*innen Nummer zwölf und dreizehn treten von Westen in den Bunkergarten, den Eve erst einmal in aller Ruhe Matthias zeigt, der aus der Schweiz kommt, bevor die beiden in die allgemeine Unruhe eintauchen. Es sind einmal mehr diverse Jobs gleichzeitig zu erledigen. Seit ich mit fast nie erlahmender Begeisterung im und um den werdenden KulturEnergieBunker tätig bin, hängt bei mir ein Bild der vierarmigen Kali. Die indische Gottheit half nicht, aber der Schweizer. Er, der zum allerersten Mal vor Ort war, stieg souverän aufs sperrige Lastenfahrrad und holte zusammen mit Eve die bunte Tomatenretter-Ware von der Hanseplatte an der Feldstraße.
Für die Übrigen galt es zu gärtnern, beziehungsweise gefühlvoll ins Urban Gardening einzuführen, zu ernten, zu schnibbeln, beziehungsweise zu wissen, wo die Messer sind, den Rocket-Stove anzuzünden und gleichzeitig ein Interview über Dachgärten zu führen. Auf die Dauer können wir manche Sachen nur zusammen machen, erinnere ich aus dem Utopie-Camp und unterhalte mich übers internationale Zusammenmachen mit Katrien Ligt, Initiatorin der Rotterdamse Dakendagen (Dachtage). Wir sprechen über Dächer als „Speeltuinen voor de verbeelding“, als Spielplätze der Vorstellungskraft, so heißt ein Essay von Sereh Mandias, den sie mir zusteckt; während Kim mit den beiden Studentinnen der HCU (HafenCityUniversität), Daria Sankina und Janet Klawitter, die ihre Masterarbeit über multifunktionale Dachflächen schreiben, Tomaten hochbindet und Marie-Theres Knoblauch schnibbelt.
Daria, Janet und Katrien bewundern dann noch Gunthers – Gunther ist Held*in Nummer dreizehn – 1:10-Dachgartenmodell, auf dem Karin, KEGA-Vorständin und Held*in Nummer vierzehn, die auch alles ums Mural herum rat- und tatkräftig mitorganisiert hat, zur Zeit einen Animationsfilm dreht; während Julius, Held*in Nummer fünfzehn, die Regenplane, die uns eine nachbarschaftliche Heldin der Vormonate, nämlich Claudia Bremer von Markisen-Bremer, kürzlich geschenkt hat, überm Rocket-Stove aufhängt und ihn anzündet und Ilse die von Janet und Daria geernteten Zucchini wäscht.
Da haben wir also Held*innen Nummer sechzehn bis achtzehn, denn die drei Dach-Fachfrauen hatten nicht nur Fragen, sondern hochfliegende Anregungen für KEBAP und packten überall mit an.

Beim Essen waren dann alle dabei, inklusive Eike Wulfmeyer, Held Nummer neunzehn und Experte für urbane Pflanzenvielfalt auch auf Dachgärten, der natürlich gleich mit Daria, Janet und Katrien ins Gespräch geriet, und 1010. Street Art geht auf den Rücken, bekommen wir mitfühlend mit und werfen immer wieder Blicke nach oben, wo das Mauerkunstwerk wächst und gedeiht. Malen nach Zahlen könne doch jedes Kind, das sei eigentlich langweilig, lässt der Künstler leise verlauten und sich Nudeln mit KEBAP-Sommergemüse schmecken und den Rotwein, den wir zu Ehren des Belüftungslösungsfinders Bernd entkorken.

Freitag, 27. August:
Geplant war alles ganz anders. Mindestens vier Menschen sollten und wollten auch gemeinschaftlich die Villa aufräumen, das erste Gebäude, das die ersten Mitglieder des vor genau zehn Jahren gegründeten Vereins KEBAP e.V. errichteten. Es ist ein Glashaus, das sich nachhaltig an den Kriegstrümmerberg an der Ostseite des Bunkers schmiegt und ganz ohne Bauantrag und Richtfest ausdrücklich in den Ermessensspielraum des bürgernahen Beamten von Alt-Altona passte. Da passt viel rein, auch der Lehmofen fürs nachbarschaftliche Backen und diverse Geräte unbekannten Zweckes. Manche Verabredung verliert sich ja in den mehr oder weniger sozialen Netzwerken und so eignete sich Stephan, Kassenwart des Vereins, Held Nummer 20, der eine so sagenhafte und weitsichtige Bachelorarbeit namens „Zwischen Behörde und Vision – Strategien urbaner Raumaneignung am Beispiel des KulturEnergieBunkerAltonaProjekts in Hamburg“ verfasst hat, die Villa und ihren Inhalt alleine an. Ganz nebenbei koordinierte er einen Polizeieinsatz, weil im blauen Bauwagen, dem sogenannten Planwagen, eingebrochen war (dabei sind unter anderem unsere Spendenkasse und die Erträge aus dem Verkauf unserer Bücher „Kraut & Rüben aus der Nachbarschaft – Rezepte zum Weltverbessern aus dem KulturEnergieBunkerProjekt“ mitgegangen, ihr dürft gerne auffüllen), und eine diesmal besonders frühzeitige Lieferung der Solidarischen Landwirtschaft Vierlande, deren Gemüsekisten ins Depot im Bunker zu tragen waren. Wir wissen nicht genau wie, aber er hat es gewuppt.

Anders gedacht war auch die Gemeinschaftsaktion mit der SoLaWi, der von Menschen aus der Region gemeinsam organisierten, finanzierten und betriebenen Gemüsegärtnerei in den Vierlanden. Sie waren eingeladen, ab 17 Uhr zu helfen, zuzuschauen und zu kosten, was Mary Lorusso, ihres Zeichens italienische Kochkünstlerin und Held*in Nummer 21, aus einem Berg Zucchini frisch vom Vierländer Acker zaubert. Aber es waren nicht nur die Spendengelder, sondern auch alle Schlüssel weg und wir kamen nicht ans Geschirr und an die Kochgeräte. Da joggte Held Nummer neun vorbei, Marcus und kam bald darauf mit Held Nummer 22 zurück: Jan wohnt um die Ecke, ist Schlosser und Stahldesigner und mit Künstler 1010 befreundet, hatte über den Bunker und sein Mural in der Mopo gelesen und sich und Marcus Folgendes gefragt: „Das ist ein tolles Projekt, wie kann ich mich denn einbringen?“ Konnte er. Zunächst mit einer Flex. Weiteres Einbringen ist in Planung, vielleicht Altonaer Stahldesign auf dem Bunkerdach? Das wissen nur die Krähen, die über dem Betonklotz kreisen und stets den Überblick haben.
Die Pinsel von Fred und 1010 werfen an diesem sonnigen Augustabend sehr lange Schatten. Mary kochte und briet jetzt im Dunkeln auf loderndem Feuer Zucchini-Risotto und -Plätzchen. Mille grazie!

 

Samstag, 28. August:
Heldin Nummer drei, Kirstin, und Heldin Nummer sieben, Jultje, haben den Lehmofen angeworfen, Charlotte, Heldin Nummer 23, knetet den Teig so dermaßen gekonnt, dass aalglatte Brötchen entstehen. Sie verspricht wiederzukommen, das Prinzip gemeinschaftliches Planen und Kneten interessiert sie sehr.
Jan bringt seine Frau mit und sie bekommt botanische Unterweisungen der Meisterklasse von Held Nummer acht, ein Schwarm von Wissbegieriger folgt Eike bei seinem extrem langsamen Gang durch Park und Hochbeetgarten. Sie fragen, was sie schon immer über Bienen und Blumen wissen wollten – und erhalten diverse Antworten.

Sonntag, 29. August:
Im Rahmen unserer vorletzten August-Aktion unter dem Motto „Raus mit Euch“ freuten wir uns beim Brunch am Bunker alle riesig über die menschliche und vegane Vielfalt. Und eröffneten die Ausstellung „Bunkerblüten“ und Eike lüftet letzte Geheimnisse.

 

Montag, 30. August:
Zum Abschluss unserer August-Aktionen „Raus mit Euch“ starteten wir bei Paddel-Meyer an der Heinrich-Osterath-Straße 256 zu einer Tour auf der Gose Elbe, legten bei den Tomatenrettern an, die am Reitbrooker Hinterdeich 200, in Worten zweihundert, Tomatensorten pflanzen, und verkosteten im Siebener-Kanu auf den restlichen Bunkerbrötchen aus dem Lehmofen einige dieser farbenfrohen Früchte.

Farbenfroh strahlt der Bunker mit ganz neuer Energie. Am liebsten sehe er alle „Militärstrukturen“ in Kunstwerke verwandelt. 1010 liebt Dynamik und Wechsel. „Anatta“ heißt sein Wandbild, als unbesiegbaren Drachen stellt er es mir vor und ergänzt, dass Anatta auch ein buddhistisches Prinzip sei, nach dem sich alles immer verändert und in Bewegung ist. Die verschlungenen Formen verweisen vielleicht auf organische Organisationsstrukturen und unsere Drachin inspiriert alle Held*innen der Transformation. DANKE 1010!

 

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